veröffentlicht:
21.3.2024
Last updated:

Einfach erklärt: Power-to-Hydrogen

Die Umwandlung von Strom, um Energie zu speichern oder in anderen Sektoren zu nutzen, ist in den letzten Jahren (zumindest in der Theorie) so populär geworden, dass der Begriff Power-to-X heute weit verbreitet ist. Er umfasst alle Arten von Stromumwandlungen. Eine der meistdiskutierten Anwendungen ist Power-to-Hydrogen. In diesem Post erklären wir, was es ist, wie es funktioniert, welche Anwendungsfälle es gibt – und wie wir Power-to-Hydrogen schon heute nutzen.

Umwandlung von Strom in Wasserstoff

Strom, Wasser, Elektrolyseur. Zack. Fertig. Wasserstoff.

Ohne in die chemische Funktionsweise eines Elektrolyseurs tiefer einzutauchen, ist der Prozess der Umwandlung von Strom in Wasserstoff denkbar einfach. Man betreibt einen Elektrolyseur mit Strom, und der Elektrolyseur nutzt diese Energie, um Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff zu spalten. Wenn man dazu grünen Strom verwendet, gilt auch der Wasserstoff als grüner Wasserstoff und ist klimaneutral. Der Wasserstoff kann dann zu einem späteren Zeitpunkt zur Energieerzeugung verwendet werden.

Der Vorteil davon: Ist der Elektrolyseur erst einmal angeschafft, ist der gesamte Prozess relativ günstig, Wasser ist meist einfach verfügbar, Wasserstoff ist leicht zu lagern, zu transportieren und ziemlich vielseitig.

Der Nachteil: Power-to-Hydrogen ist sehr ineffizient. Bei der Speicherung von Energie in einer Batterie gehen etwa 15 bis 30 Prozent der Energie verloren – bei Wasserstoff sind es 55 bis 70 Prozent.

Wasserstoff kann (viel) Flexibilität bieten

Warum dann überhaupt Power-to-Hydrogen, wenn es so ineffizient ist? Nun, zum einen kann Wasserstoff Flexibilität bieten. Etwas, das bei einem stetig wachsenden Anteil an schwankenden und saisonalen erneuerbaren Energien äußerst nützlich ist.

  • Kurzfristige Flexibilität: Elektrolyseure lassen sich schnell hochfahren. Daher können sie bei einem Überangebot an Strom eingeschaltet werden, um das Netz zu stabilisieren und verhindern, dass erneuerbare Energien gedrosselt werden müssen. Umgekehrt kann in Zeiten geringer Produktion Wasserstoff relativ schnell in Strom umgewandelt werden. Diese Flexibilität wird heute vor allem von Gaskraftwerken geleistet.
  • Energie zwischen den Jahreszeiten übertragen: Wasserstoff lässt sich kostengünstig in großen Mengen speichern und verliert im Gegensatz zu Batterien nicht mit der Zeit an Energie. In Deutschland beispielsweise ist der Energiebedarf im Winter 30 Prozent höher als im Sommer. Die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien ist jedoch um 50 Prozent geringer im Winter. Mit Wasserstoff könnte dies ausgeglichen werden, indem überschüssige Energie im Sommer in Wasserstoff gespeichert wird.

Wasserstoff ist leicht zu transportieren

Eine Pipeline ist zwar die bei weitem effizienteste und günstigste Art, Wasserstoff zu transportieren, doch er kann auch per Schiff befördert werden, um große Entfernungen zu überbrücken und Energie zwischen Regionen zu übertragen, die nicht durch eine Pipeline verbunden sind. Diese Eigenschaft ist für viele Anwendungen von Nutzen:

  • Unabhängige Stromerzeugung: Es ist in manchen Fällen nicht wirtschaftlich, Offshore-Windkraftanlagen an das Stromnetz anzuschließen. In solchen Fällen kann Wasserstoff als Energieträger dienen. Der Strom wird direkt an der Windkraftanlage in Wasserstoff umgewandelt und kann dann mit Schiffen zum Festland transportiert werden.
  • Überbrückung großer Entfernungen: In einigen Regionen übersteigt das Angebot an erneuerbaren Energien die Nachfrage bei weitem. Andere Regionen hingegen verbrauchen viel mehr, als sie aus erneuerbaren Energien erzeugen könnten. Die Umwandlung von Strom in Wasserstoff bietet eine Möglichkeit, Energie zwischen diesen Regionen zu transportieren.

Wasserstoff kann fossile Brennstoffe ersetzen

Einige Prozesse sind schwer zu elektrifizieren. In anderen Fällen sind die vorhandenen Maschinen auf die Verbrennung von Erdgas ausgerichtet. In diesen Fällen kann Wasserstoff die Rettung sein:

  • Industrie: Wasserstoff kann in verschiedenen Prozessen eingesetzt werden, die derzeit auf Erdgas beruhen. Das reicht von der Herstellung von Düngemitteln bis hin zu Stahl.
  • Kraftstoff: Wasserstoff kann im Verkehrswesen als Ersatz für fossile Brennstoffe verwendet werden. Entweder vollständig mit Motoren und Turbinen, die mit Wasserstoff betrieben werden können, oder gemischt mit Erdgas in Motoren, die eigentlich für reines Erdgas gebaut wurden.
  • Wärme: Wasserstoff kann auch zum Heizen verwendet werden, entweder gemischt mit Erdgas oder in Reinform. Für diesen Anwendungsfall könnte auch bestehende Infrastruktur genutzt werden, die ursprünglich für Erdgas gebaut wurde.
Globale Produktion von grünem Wasserstoff in EJ nach Jahr

Der Ausbau ist noch nicht besonders weit

Trotz der vielen Einsatzmöglichkeiten ist Power-to-Hydrogen (noch) nicht wirklich verbreitet. In ihrem Pariskonformen Szenario, geht die IRENA jedoch davon aus, dass die Wasserstoffproduktion in den kommenden Jahrzehnten erheblich zunehmen wird. Von gerade einmal 3 EJ im Jahr 2030 auf mehr als das 6-fache im Jahr 2050 (19 EJ).

Dieses Wachstum lässt sich auch schon beobachten. So wurden in den letzten Jahren immer mehr Projekte zur Sektorenkopplung mit Hilfe von Wasserstoff auf den Weg gebracht.

Verringerung der Drosselung von Windkraft

Die Surf'n'Turf-Initiative auf den Orkney-Inseln im Vereinigten Königreich nutzt Power-to-Hydrogen. Hier wird Strom aus Wind- und Gezeitenenergie in Wasserstoff umgewandelt. Der Wasserstoff wird dann auf zwei Arten genutzt. Auf der Insel Eday, wo sich das Windrad befindet, liefert der Wasserstoff Strom, wenn der Wind den lokalen Bedarf nicht decken kann. Andererseits wird der Wasserstoff auf die Hauptinsel transportiert, wo er zur Beheizung von Fähren im Hafen von Kirkwall und als Kraftstoff für Fahrzeuge verwendet wird.

In diesem Projekt werden die vielen Vorteile von Wasserstoff genutzt. Er bietet Flexibilität, um weniger Strom zu drosseln und sauberen Strom zu liefern, wenn erneuerbare Energien die Nachfrage nicht decken. Darüber hinaus ermöglicht er den Transport von sauberer Energie ohne Netz und kann als Ersatz für fossile Brennstoffe im Wärme- und Verkehrssektor eingesetzt werden.

Setup im Wasserstoffsquartier in Kaisersesch

100 % erneuerbare Mobilität und Wärme

Das SmartQuart-Projekt ist ein gemeinsames Projekt von gridX und 9 weiteren Parteien und wird vom deutschen Wirtschaftsministerium unterstützt. Das Projekt wurde im Januar 2020 gestartet und hat zum Ziel, drei intelligente und autarke Stadtteile zu errichten. Eines dieser Quartiere – das Wasserstoffquartier – befindet sich in der Stadt Kaisersesch.

In Kaisersesch wird erneuerbare Energie direkt zum Laden von E-Fahrzeugen und zur lokalen Strom- und Wärmeversorgung genutzt. Die überschüssige Produktion wird in einem 10 MW-Elektrolyseur in Wasserstoff umgewandelt. Der dabei erzeugte Wasserstoff wird in einem BHKW sowie in mehreren Brennstoffzellen wie folgt genutzt:

  • Energiequelle für Wärme: Wasserstoff wird in Blockheizkraftwerken zur Erzeugung von Strom und zur Versorgung des Stadtteils mit Wärme eingesetzt.
  • Energiequelle für Elektrizität: Wasserstoff wird in Brennstoffzellen verbrannt, um grünen Strom zu erzeugen, wenn die Solar- und Windanlagen zu wenig Energie liefern.
  • Energiequelle für Mobilität: Der Stadtteil ist mit einer Wasserstofftankstelle ausgestattet, die Nahverkehrsbusse mit grünem Wasserstoff tankt.

Außerdem wird der Wasserstoff in flüssigen organischen Wasserstoffträgern (LOHCs) gespeichert. LOHCs sind Verbindungen, die Wasserstoff aufnehmen und abgeben können. Sobald der Wasserstoff von einem LOHC absorbiert wurde, kann er transportiert werden, um für die oben genannten Zwecke als Wärme- und Stromquelle sowie für verschiedene andere Anwendungen zu dienen.

Ähnlich wie auf den Orkney-Inseln bietet der Wasserstoff in Kaisersesch die Möglichkeit, ansonsten gedrosselte erneuerbare Energie zu speichern und zu nutzen und Mobilität, Wärme und Strom zu verbinden.

Geschätzte globale Wasserstoffproduktion und Energievrbrauch im EJ im Jahr 2050

Power-to-Hydrogen ist ein Teil der Energiewende

Power-to-Hydrogen kann zu klimaneutraler Energie beitragen. Als Energiespeicher kann Wasserstoff das Netz stabilisieren und als Medium für den Energietransport zwischen den Jahreszeiten dienen. Die einfache Speicherung und Beförderung von Wasserstoff ermöglicht auch den Energietransfer zwischen Kontinenten. Dazu kann er auch, Sektoren koppeln und fossile Brennstoffe in Prozessen zu ersetzen, die schwer zu elektrifizieren sind.

Der Beitrag von Power-to-Hydrogen zur Energiewende sollte jedoch nicht überschätzt werden. Es wird erwartet, dass die Produktion von grünem Wasserstoff bis 2050 auf 19 EJ ansteigen wird. Im selben Jahr wird der weltweite Energieverbrauch voraussichtlich 351 EJ betragen. Also deckt grüner Wasserstoff im Jahr 2050 schätzungsweise gerade einmal 5,4 Prozent des weltweiten Energiebedarfs – kein unbedeutender Anteil, aber auch nicht das Fundament einer sauberen Energieversorgung.

Die Ineffizienz von Power-to-Hydrogen bleibt der größte Nachteil. Andere Verfahren sind um den Faktor 3-5 effizienter und daher in vielen Fällen vorzuziehen. Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass Power-to-Hydrogen – trotz zahlreicher Anwendungsfälle und vieler vielversprechender Projekte – nicht die eierlegende Wollmilchsau der Energiewende ist, sondern eher eine Ergänzung zu Elektrifizierung und Ausbau vpn erneuerbaren Energien.

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Interoperabilität und Cybersicherheit im Energiesektor
Es kann keine Energiewende ohne Interoperabilität und keine Interoperabilität ohne Cybersicherheit geben.
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