veröffentlicht:
21.3.2024
Last updated:

Energy-as-a-Service 2.0: When life gives you lemons

Willi Appler
Regulatory Affairs

Der anstehende Smart-Meter-Rollout bedeutet für viele Prosumer:innen zusätzliche Kosten. Wer diese Kosten als Investitionen sieht, erkennt darin auch das Potenzial für innovative und attraktive Geschäftsmodelle. Ein Plädoyer dafür, sich schon heute darauf vorzubereiten und seinen Kund:innen ein nahtloses Gesamtpaket anzubieten.

Politik und Regulator arbeiten mit Hochdruck am Startschuss für den Smart-Meter-Rollout. Mit Optimismus kann man die derzeitigen Signale aus BMWK, BNetzA und BSI dahingehend interpretieren, dass der flächendeckende Einbau von intelligenten Messsystemen (iMSys) im kommenden Jahr startet.

Damit entstehen für Prosumer:innen erst einmal zusätzliche Kosten. Wer eine PV-Anlage mit mehr als 7 kWp Leistung installiert, der bekommt vom grundzuständigen Messstellenbetreiber (MSB) auch ein iMSys und jährlich eine Rechnung in Höhe von mindestens 100 Euro. Nutzen Kund:innen dann ihren Strom auch noch teilweise selbst, stellt der MSB das iMSys gleich noch auf TAF 7, die Viertelstunden-scharfe Ablesung am Folgetag. Denn nach §12 StromNZV darf bei diesen Kund:innen kein Standardlastprofil mehr angewendet werden. Für den Lieferanten heißt das: Er kann keine standardisierten Daten für seine Bilanzkreisbewirtschaftung verwenden, sondern muss Prognosen erstellen, Echtzeitdaten verarbeiten und Prognosefehler Intraday handeln, um hohe Ausgleichsenergiekosten zu vermeiden. Diese Mehrkosten wird er an Endkund:innen weitergeben wollen – eine Belastung zusätzlich zu den derzeit ohnehin schon hohen Preisen.

Man könnte meinen, das sind schlechte Nachrichten für Prosumer:innen. Doch eigentlich liegt darin eine große Chance für Prosumer:innen, Lieferanten und auch das gesamte elektrische System. Mit der geschickten Kombination aus Hardware, Energiemanagementsystem und Verträgen für Direktvermarktung sowie Stromlieferung kann für Endkund:innen ein sehr attraktives Paket geschnürt werden.

Direktvermarktung von Kleinstanlagen wird rentabel

Strompreise sind derzeit auf einem Allzeithoch. Nachdem die Preise für Neuverträge schon in nie gekannte Höhen geklettert sind, ziehen die Lieferanten nun nach und passen auch die Tarife ihrer Bestandskund:innen nach und nach an. Damit wird natürlich die Eigenversorgung immer lukrativer. Aber auch der Wert der Überschusseinspeisung einer Dachanlage steigt theoretisch. Theoretisch, weil Haushaltskund:innen davon in der fixen Einspeisevergütung nicht profitieren. Schon heute liegt der Marktwert von PV beim Vierfachen der Einspeisungsvergütung. So wurde im August eine kWh für 40 Cent gehandelt, die fixe Einspeisevergütung zahlte dafür lediglich 8,6 Cent (siehe netztransparenz.de). Wer also seine PV-Anlage in die Direktvermarktung gibt, kann dadurch pro Jahr aktuell mehrere Hundert Euro zusätzlich erwirtschaften. Durch Direktvermarktung wird zudem die Integration der PV-Energie in das Energiesystem gestärkt.

Market value PV Vs feed-in tariff
Einspeisevergütung vs Direktvermarktung

Dynamischer Tarif als faires und transparentes Reststromangebot

Ergänzt werden kann dieses Angebot der Direktvermarktung auch noch um einen Reststromvertrag. Da für diese Kund:innen kein Standardlastprofil angewendet werden kann, bietet sich beispielsweise ein dynamischer Tarif an. Gibt man den Preis von Strom der Day Ahead Auktion der EPEX Spot plus Netzentgelt, Abgaben und Umlagen sowie Steuer direkt an die Kund:innen weiter, entsteht dabei ein faires Angebot. Als Lieferant kann man dann ehrlich behaupten, kein Interesse daran zu haben, dass die Kund:innen mehr Strom abnehmen. Als Prosumer:in kann man erheblich davon profitieren, wenn man seinen Stromverbrauch bspw. aus dem Elektrofahrzeug in günstigere Stunden verlagert. Und wer aktuell die Börsenstrompreise beobachtet, sieht nicht selten Spreads von 30 bis 40 Cent/kWh innerhalb eines Tages. Flexible Prosumer:innen können so Einsparungen von mehreren Hundert Euro pro Jahr erreichen. Und letztlich braucht es damit weniger konventionelle Spitzelastkraftwerke, da der Verbrauch in Stunden mit hoher erneuerbarer Erzeugung verschoben wird.

Preis-Börse vs Einspeisevergütung

EMS als Bindeglied zwischen Physik und Markt

Damit kein Prosumer-Strompreise im Viertelstundentakt verfolgen muss, braucht es eine intelligente Steuerung – ein Energiemanagementsystem (EMS). Es steuert den Stromverbrauch, sodass die Eigenversorgung maximiert und die Kosten minimiert werden – nachhaltig *und* günstig also. Dem Vermarkter und Lieferanten bietet es darüber noch weitere Vorteile. Im Gegensatz zum Datenaustausch über das iMSys kann ein EMS Messwerte zur Einspeisung und zum Verbrauch in Echtzeit übermitteln. Zudem macht das EMS im Rahmen seiner Optimierung ja bereits eine Prognose über zu erwartende Lasten und Erzeugung, die ebenfalls vom Bilanzkreisverantwortlichen genutzt werden können. Damit kann nicht nur die Beschaffung der Mengen Day-Ahead verbessert werden, sondern auch durch verbesserte Intraday Prognosen kurzfristig gehandelt werden, um teure Ausgleichsenergie zu vermeiden.

Mittelfristig kann durch eine intelligente Verknüpfung von EMS und Handel zusätzlicher Nutzen geschaffen werden. Die Flexibilität der Anlagen kann auch für die Optimierung des Portfolios genutzt werden.

Die Zukunft jetzt gestalten

In meinem letzten Blogbeitrag habe ich mit Ernüchterung festgestellt, dass die Flexibilität dezentraler Anlagen wie Haushaltsbatterien oder Wallboxen heute nicht wirtschaftlich vermarktet werden kann. Aufgrund hoher regulatorischer Hürden sind die Kosten immer noch viel höher als die potenziellen Erlöse. Der Smart Meter Rollout wird das teilweise ändern. Mit Direktvermarktung und dynamischen Tarifen bieten sich dann interessante Optionen. Die hohe Komplexität all dieser Themen macht es aber erforderlich, dass Marktakteure dafür ein sinnvolles Gesamtkonzept stricken. Es braucht ganzheitliche und einfache Angebote für Endkund:innen. Die Zeit, diese Angebote zu entwickeln, ist jetzt.

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Der Aufstieg von Dienstleistungsmodellen in der Energiewirtschaft
Um sowohl den Unternehmen als auch den Endnutzer:innen Kostenvorteile zu verschaffen und die Widerstandsfähigkeit und Anpassungsfähigkeit zu verbessern, entwickelt sich die Energie von einer undifferenzierten Ware zu einer integrierten und häufig digitalen Dienstleistung (oder EaaS).
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