Wie es zur Drosselung kommt
Einspeisemanagement ist ein relativ neues Phänomen. Bei gleichmäßiger Produktion mit fossilen Ressourcen folgte das Stromangebot einfach der Nachfrage. Mit der zunehmenden Verbreitung intermittierender erneuerbarer Energieressourcen findet die Erzeugung jedoch dann statt, wenn die Sonne scheint oder der Wind weht. Das führt zu einer größeren Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage. Geschieht dies unkontrolliert, kann die reichliche Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien das Netz überlasten oder gar so viel höher liegen als die Nachfrage, dass es zu finanziellen Verlusten kommt.
Wann greift Einspeisemanagement?
Die Stromerzeugung von Erneuerbare-Energien-Analgen wird in der Regel entweder aus wirtschaftlichen Gründen oder aus Gründen der Netzkapazität gedrosselt.
1. Wirtschaftliche Gründe für Einspeisemanagement
Was: Sind Wetterbedingungen günstig (z. B. viel Sonnenschein) und die Nachfrage gering, kann das reichliche Angebot auf den Strommärkten dazu führen, dass Großhandelspreise für Strom ins Negative fallen. Jede zusätzlich ins Netz eingespeiste Kilowattstunde (kWh) würde zu finanziellen Verlusten führen. Daher sehen sich die Stromerzeuger meist veranlasst, die Produktion einzustellen.
Die Folgen: Ohne Flexibilität auf der Nachfrageseite werden diese Sonnenscheinperioden, in denen der Strom billiger ist, nicht voll genutzt. Wenn das Netz flexibler wäre, könnten die Kosten für alle Beteiligten gesenkt werden und weniger erneuerbare Energien würden ungenutzt bleiben.
2. Netzkapazität als Grund für Einspeisemanagement
Was: Ist das Angebot so hoch, dass die erzeugte Strommenge die Kapazität des Stromnetzes zu übersteigen droht, können die Netzbetreiber gezwungen sein, die Einspeisung zu drosseln. Ebenso wird in vielen Märkten die Einspeisung des überschüssigen Solarstroms eines Hauses in das Netz beschränkt, um eine Überlastung des Netzes zu vermeiden.
Auswirkungen: Dies könnte als Folge begrenzter Netzkapazitäten, unzureichender Verbindungen zwischen Regionen mit reichlich bzw. wenig erneuerbaren Energien und/oder mangelndem Speicherpotenzial und fehlender Flexibilität im System angesehen werden.
Beispiel
Die bisher genannten beiden Gründe können oft miteinander verknüpft sein. So zum Beispiel im April 2023 in den Niederlanden. Das Net-Metering hat in den Niederlanden einen enormen Anstieg der Photovoltaik(PV)-Anlagen gefördert, aber keine Anreize für Verbraucher:innen geschaffen, das Netz zu unterstützen. Das bedeutet, dass an sonnigen Tagen die hohe Produktion den Verbrauch bei weitem übersteigt. Dieses hohe Angebot in Verbindung mit unzureichenden Kapazitäten für den Export von Strom in andere Länder führte dazu, dass die Day-Ahead-Preise auf fast minus 200 Euro/MWh fielen.
Einspeisedrosselung für Solaranlagen eindämmen
Ohne die richtigen Anreize und Technologien wird das Potenzial der Solarenergie nicht voll ausgeschöpft: Überschüssige Photovoltaik(PV)-Energie wird tagsüber vergeudet; gleichzeitig stammt eine größere Menge Energie aus nicht-erneuerbaren Energiequellen, da die erneuerbare Energieerzeugung gedrosselt wurde. Nachfrageseitige Flexibilität und Sektorenkopplung führen zu einer besseren Abstimmung von Angebot und Nachfrage in nachhaltigen Energiesystemen.
Eine Möglichkeit, Drosselungen zu vermeiden, ist der Ausbau der Netzinfrastruktur, damit mehr Strom gleichzeitig transportiert werden kann. Der Netzausbau ist jedoch sehr zeit- und kostenintensiv. Andere nachhaltige Technologien und intelligente Lösungen für das Energiemanagement sind schneller umsetzbar. Sie sorgen ebenfalls für mehr Flexibilität in Energiesystemen und begrenzen die Beeinträchtigung der Solarstromerzeugung.
Energie speichern
Die Speicherung überschüssiger Solarenergie für eine spätere Nutzung ist der Schlüssel, um Drosselungen der Solarstromerzeugung zu verhindern. Die in Spitzenzeiten erzeugte Energie kann auf verschiedene Weise gespeichert werden:
- Batterien für Privathaushalte: Kleine Batterien für Haushalte und Gebäude können den lokal erzeugten Solarstrom für die spätere Nutzung, wenn die Sonne nicht mehr scheint, wie beispielsweise in den Nachtstunden, speichern. Kleine Batterien für Haushalte und Gebäude können lokal erzeugten Solarstrom speichern, um ihn später zu nutzen, wenn die Sonne nicht mehr scheint, z. B. nachts.
- Netzbatterien: Großbatterien können dazu dienen, überschüssigen Strom aus Solarparks (oder anderen Energieerzeugungsquellen wie Wind) zu speichern, um ihn in Schlechtwetterperioden oder sogar zu verschiedenen Jahreszeiten zu nutzen.
- Wasserstoff: Wasserstoff ist eine Schlüsseltechnologie zur Energiespeicherung, da große Mengen überschüssigen sauberen Stroms durch Elektrolyse in Wasserstoff umgewandelt und über lange Zeiträume gespeichert werden können. Dieser Strom kann dann bei Nachfragespitzen genutzt werden und für einen saisonalen Energieausgleich sorgen.
- Elektrofahrzeuge mit bidirektionalem Laden: Die Technologien Vehicle-to-Grid (V2G) und Vehicle-to-Home (V2H) ermöglichen es, Elektrofahrzeuge als Batterien zu nutzen. Das Auto kann je nach Bedarf des Hauses oder des Netzes geladen und entladen werden und so als Speicher für PV-Strom dienen, wenn das Angebot niedrig und die Nachfrage hoch ist.
Smartes Energiemanagement
Ein intelligentes Energiemanagementsystem (EMS) kann die Energieflüsse zwischen der PV-Anlage, der Batterie und/oder dem Elektrofahrzeug optimieren, um sicherzustellen, dass kein Solarstrom verschwendet wird. Darüber hinaus ermöglicht ein EMS anspruchsvollere Lösungen zur weiteren Stabilisierung des Netzes und zur Reduzierung von Kosten und Emissionen:
- Spitzenlastverschiebung: Die Verlagerung des Verbrauchs auf Zeiten mit hoher Solarproduktion ist eine weitere wirksame Methode zur Minimierung von Solarstromabschaltungen. Dies kann in kleinem Rahmen geschehen, indem Haushalte oder Gebäude dazu angeregt werden, tagsüber mehr Strom zu verbrauchen, indem günstigere Tarife für die Nutzungszeiten angeboten werden. In größerem Maßstab könnte auch die Schwerindustrie ihre Nachfrage auf Stunden mit hoher Solarproduktion verlagern.
- Intelligente Drosselung: Ein EMS verteilt den ansonsten gedrosselten Solarstrom auf andere steuerbare Geräte – E-Auto, Batterie und Wärmepumpe – in der von den Nutzer:innen bevorzugten Reihenfolge und entsprechend den individuellen Vorgaben für verschiedene Anlagen und gesetzlichen Anforderungen.
- Prognosebasiertes Energiemanagement: Auf der Grundlage historischer Messungen und intelligenter Prognosealgorithmen, die auch die Wettervorhersage berücksichtigen, können tägliche Energieprognosen für die lokale Solarproduktion und den Verbrauch erstellt werden. Diese sind zum Beispiel nutzbar, um gespeicherten Strom umzuleiten, damit kein PV-Strom verschwendet wird.
- Flexibilitätsvermarktung: Überschüssiger Solarstrom kann zur zusätzlichen Einnahmequelle werden. Netzbetreiber zahlen viel für die Bereitstellung von Regelenergie, das heißt für die Einspeisung von überschüssigem Solarstrom ins Netz. Flexibilität kann auch auf der Grundlage von Prognosen gehandelt werden. Im Falle von Haushalten setzt dann ein Home-Energy-Management-System (HEMS) das Rufsignal in einen tatsächlichen Stromfluss um. Aggregatoren können auch eine Gruppe von HEMS in einem virtuellen Kraftwerk (VPP) bündeln, mit ihrer Flexibilität handeln und die HEMS-Besitzer:innen finanziell entschädigen.