Published:
October 18, 2024
Updated:

Primärregelleistung

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Primärregelleistung

Mit Hilfe der Primärregelleistung können unerwartete Schwankungen bei der Stromerzeugung zeitnah wieder korrigiert werden. Diese Schwankungen können beispielsweise bei Kraftwerksausfällen oder plötzlichen Wetterschwankungen entstehen.

Was ist die Primärregelleistung?

Das Stromnetz benötigt ein kontinuierliches Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage, um eine gleichmäßige Versorgung zu gewährleisten. Ausgleichsleistungen wie die Primärregelleistung, oder auch Frequency Containment Reserve (FCR), gleichen Frequenzabweichungen im Stromnetz aus und stellen sicher, dass Stromverbrauch und -erzeugung ständig im Gleichgewicht sind. Sollten Frequenzabweichungen durch das Ausfallen eines Kraftwerks oder in Folge plötzlicher Wetterumschwünge entstehen, wird die Primärregelleistung eingesetzt, um das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage innerhalb von Sekunden wiederherzustellen.

Die Betriebsreserve, die zur Aufrechterhaltung der Netzfrequenz eingesetzt wird, unterteilt sich in Primär-, Sekundär- und Tertiärreserve. Diese Einteilung basiert auf den individuellen Aktivierungszeiten und der Dauer der Aktivierung.

  1. Die Primärregelleistung, oder FCR, reagiert auf plötzliche Abweichungen im Netz in unter zehn Sekunden. Sie dient zur kurzfristigen Stabilisierung der Frequenz, für gewöhnlich bis zu 15 Minuten.
  2. Die Sekundärregelleistung, auch Automatic Frequency Restoration Reserve (aFFR) genannt, ist der sekundäre Frequenz-Regelungsmechanismus. Die aFFR wird innerhalb von 30 Sekunden automatisch aktiviert und kann Energie für bis zu zwölf Minuten bereitstellen.
  3. Durch die Tertiärregelleistung, auch bekannt als Manual Frequency Restoration Reserve (mFFR), wird die Primär- und Sekundärregelleistung wiederhergestellt, um Engpässe im Übertragungsnetz zu beheben. Die Netzbetreiber aktivieren bei dieser Form von Regelleistung die Leistung selbst und können daher über eine längere Aktivierungszeit von bis zu mehreren Stunden mit Strom versorgt werden.
Zeitintervall der Regelleistungen

Arten von Regelleistungen

Die Primärregelleistung ist so konzipiert, dass sie innerhalb kürzester Zeit automatisch auf Änderungen der Netzfrequenz reagiert. Dabei beträgt die optimale Netzfrequenz in Europa 50 Hertz. Die Einhaltung dieses Sollwerts ist entscheidend für die Aufrechterhaltung eines stabilen Netzes.

Die Primärregelleistung wird nochmals in zwei Formen unterschieden: 

  • Die Primärregelleistung für den Normalbetrieb (FCR-N) zielt darauf ab, die Netzfrequenz im Bereich von 49,9 Hertz bis 50,1 Hertz zu halten. Daher muss die FCR-N in der Lage sein, die Stromerzeugung zu erhöhen oder zu senken.
  • Die Primärregelleistung für Störungen (FCR-D) ist eine besondere Form, die nur in skandinavischen Ländern verwendet wird und reagiert, sobald die Frequenz außerhalb des Standardbereichs von 49,5 Hertz bis 50,5 Hertz liegt. Die FCR-D ist in separate Teile für die Auf- und Abwärtsregelung unterteilt, zudem werden nochmals dynamische und statische Produkte unterschieden. Die dynamische FCR-D kann kontinuierlich geregelt werden und erkennt Reserven frühzeitig, sobald die Abweichung abnimmt. Die statische FCR-D benötigt mehr Zeit nach der Aktivierung und kann nicht konstant geregelt werden.

Warum wird Primärregelleistung benötigt?

Stromnetze beruhen auf dem Prinzip der Trägheit. Während die meisten Menschen Trägheit mit dem physikalischen Konzept "ein Objekt in Bewegung bleibt in Bewegung" assoziieren, trifft dies auch auf das Stromnetz zu, da seine Trägheit 

auf Tausenden von Synchrongeneratoren beruht, die sich mit 50 Hz drehen. Ein Ungleichgewicht zwischen Erzeugung und Verbrauch beschleunigt oder verlangsamt die rotierende Masse, was zu einer leichten Abweichung von der Netzfrequenz führt. 

Zusammen mit anderen Ausgleichsdienstleistungen wirkt die FCR als Sicherheitsmechanismus zur Aufrechterhaltung der Netzfrequenz, indem sie kurzfristigen Ungleichgewichten zwischen Energieverbrauch und -erzeugung entgegenwirkt. Die Aufrechterhaltung dieses Zielpunkts ist für die Sicherheit des Netzes von entscheidender Bedeutung. Während Kraftwerke, die mit fossilen Brennstoffen betrieben werden, ihre Energie gleichmäßiger und vorhersehbarer liefern, sind die erneuerbaren Energiequellen variabler und schwankender. Plötzliche Schwankungen in der Erzeugung können dann zu Frequenzänderungen führen, die ausgeglichen werden müssen. 

Veranschaulichen wir dies an einem Beispiel: Sollte der Wind ungeplant nachlassen und dadurch Windturbinen in einem weitläufigen Gebiet weniger Strom erzeugen, wird auch  weniger Strom ins Netz eingespeist als verbraucht wird. Somit würde die Frequenz im Netz sinken. Diese Schwankungen führen potentiell zu Instabilität im Netz, sollten sie nicht rechtzeitig ausgeglichen werden. Hier kommen dann die Regelleistungen zum Einsatz, insbesondere die schnell reagierenden Reserven. Diese sind zum Beispiel in Form von Batteriespeichern, hydraulischen Speicherkraftwerken oder speziell konzipierten Kraftwerken vorhanden.

Flexibilität in Kleinanlagen für FCR erschließen

Während bisher große Kraftwerke für die Frequenzhaltung zuständig waren, bedeutet die Umstellung auf erneuerbare Energien, dass die Nutzung der Flexibilität kleinerer Anlagen immer wichtiger und effizienter wird. Die Bündelung dieser Flexibilität von Batteriespeichersystemen in Privathaushalten trägt beispielsweise dazu bei, eine einsatzfähige Leistung zu schaffen, die Frequenzabweichungen schnell ausgleichen kann. 

Der Hauptvorteil besteht darin, dass sich dadurch die Zahl der verwendeten Haushaltsbatterien erhöht, wodurch die Flexibilität der bereits vorhandenen Anlagen effizienter genutzt werden kann. 

Die wichtigsten Schritte sind dabei Bündelung und Aufteilung. Bei der Bündelung wird die potenzielle Stromerzeugungskapazität von mehr als 1.000 Speichereinheiten in einer einzigen einsatzfähigen Einheit zusammengefasst und aktiviert. Wohingegen bei der Aufteilung die aktivierte Flexibilität in reale Steuersignale für die einzelnen Anlagen aufgeteilt wird, sodass sie für lokale Zwecke, wie zum Beispiel die Erhöhung der Selbsterzeugung, genutzt werden kann. 

Die Akteure: Aggregatoren, FRPs, TSOs und BSPs

Die Rolle eines Aggregators (oder Flexibilitätsdienstleisters) besteht darin, Flexibilität von aktiven Kund:innen und Verbraucher:innen und ihren flexiblen Anlagen zu bündeln und sie über den Ausgleichsdienstleister (Balancing Service Provider, BSP) an sogenannte Flexibilitätsnachfragende Parteien (FRP), den Übertragungsnetzbetreiber (Transmission System Operator, TSO)  zu verkaufen. Die FCR-Kapazität wird dabei im Voraus beschafft (in der Regel auf den Märkten vom Vortrag). Die Vergütung zwischen dem Aggregator und dem FRP wird durch die Verfügbarkeit und optional auf Grundlage der aktivierten Energie berechnet.

FCR-Regelungen

Die Regelungen für die Primärregelleistung ergeben sich aus dem Zusammenspiel zwischen den TSOs, dem Europäischen Netz der Übertragungsnetzbetreiber (ENTSO-E) und den zuständigen Regierungsbehörden. ENTSO-E hat die System Operation Guidelines (SOGL) und die Electricity Balancing Guidelines (EB-GL) geschaffen, die einen Rahmen für das Gleichgewicht des Netzes bilden. In der Regel schlagen die TSOs den Regierungsbehörden Marktdesign Anforderungen für die FCR-Beschaffung und deren Bedingungen vor, die vor ihrem Inkrafttreten von den Regierungsbehörden genehmigt werden müssen. Der ENTSO-E-Bereich definiert die notwendigen Anforderungen für die FCR-Beschaffung. Die Regulierung muss sich jedoch anpassen, um dem wandelnden Markt und der Rolle der Akteure zu entsprechen, da die gebündelte Flexibilität aus Kleinanlagen eine wichtigere Rolle bei den Regelleistungen darstellt.

Die Regulierung spielt auch eine entscheidende Rolle bei der Förderung oder schleppenden Einführung neuer aggregierter FCR-Dienstleistungen. So hat die Regulierung beispielsweise dazu beigetragen, dass FCR-D in Schweden weit verbreitet ist und in Dänemark zunehmend an Bedeutung gewinnt, während die Einführung in Mitteleuropa aufgrund des größeren Netzes noch überschaubar ist.

Wie werden die Primärregelleistungen aktiviert?

Die Primärregelleistung muss laut den Vorschriften der ENTSO-E innerhalb von 30 Sekunden verfügbar sein und einen Zeitraum von 15 Minuten abdecken. Die Teilnehmenden der FCR-Kooperation müssen eine ausgeschriebene Menge bereitstellen, sobald die Frequenzabweichung nicht innerhalb der Grenze zwischen 49,99 Hertz und 50,01 Hertz liegt. Sollte dies der Fall sein, wird die FCR automatisch aktiviert. Nach einer halben Minute aktiviert der TSO die Sekundärregelleistung, um die FCR zu ersetzen. In einigen Fällen kann die Aktivierung der aFRR durch ein Ausgleichsnetz im Rahmen der International Grid Control Cooperation (IGCC) vermieden werden. Die IGCC ermöglicht den europäischen TSOs, die gleichzeitige Aktivierung von aFRRs in entgegengesetzten Richtungen in benachbarten Netzebenen zu verhindern. Um die Netzstabilität innerhalb des kontinentaleuropäischen Synchrongebiets zu gewährleisten, steht ständig ein Volumen von 3000 Megawatt (MW) positiver und negativer Regelleistung zur Aktivierung bereit.

FCR Aktivierungs- und Ausgleichsprozess

Umfang der Primärregelleistung

Das Beschaffungsvolumen für die Primärregelleistung wird von der ENTSO-E festgelegt und jährlich innerhalb des europäischen Synchrongebiets abgerechnet. Der Umfang wird an die Stromeinspeisung des vergangenen Jahres angepasst. Wie bereits erwähnt, muss das gleiche Volumen an positiver und negativer Regelleistung beschafft werden. Innerhalb des europäischen Synchrongebiets gilt ein Kernanteil von 30 Prozent des FCR-Bedarfs, der den zu beschaffenden Mindestbedarf beschreibt. Die 30-Prozent-Regelung gilt auch innerhalb der FCR-Kooperation, muss aber mindestens 100 MW betragen – mit Ausnahme von Westdänemark aufgrund von IT-Beschränkungen.

Anteil und Nachfrage der Länder auf dem regionalen FCR-Markt 2021 über ENTSO-E

Die gridX-Rolle in der Wertschöpfungskette für explizite Flexibilität 

Als Aggregator bündelt gridX die Flexibilität dezentraler Energieressourcen (DERs), um die Netzstabilität aufrechtzuerhalten. gridX übernimmt bereits den Schritt der Integration und Steuerung kleiner Energieanlagen und ermöglicht es, auch den Schritt der Bündelung und Aufteilung sowie der Optimierung, Zusammenfassung und Vorhersage abzudecken. Das fortschrittliche Energiemanagementsystem von gridX versetzt Unternehmen in die besondere Position, sowohl lokal innerhalb eines Hauses, als auch auf Systemebene zu optimieren.