Der Unterschied zwischen impliziter und expliziter Flexibilität
Energieflexibilität kommt in zwei Hauptformen vor: implizit und explizit. Implizite Flexibilität ist die Reaktion des Verbrauchers auf Preissignale – entweder manuell oder über ein smartes Energiemanagementsystem. Das versetzt Prosumenten in die Lage, ihren Energieverbrauch zu optimieren und Kosten zu sparen, indem sie beispielsweise flexible Stromtarife nutzen.
Explizite Flexibilität hingegen ist eine zugesagte, abrufbare Ressource, die auf verschiedenen Energiemärkten gehandelt werden kann, wie den Großhandels-, Regelenergie-, Systemunterstützungs- und strategischen Reservemärkten. Diese Art der Flexibilität ist für den Ausgleich und die Bewältigung von Netzengpässen von entscheidender Bedeutung und wird von Bilanzkreisverantwortlichen und Verteilernetzbetreibern (VNBs) genutzt, um ihre Kosten zu senken.
Warum Value Stacking so wichtig ist
Das Konzept des Value Stackings wird in der Welt der Energieflexibilität von größter Bedeutung sein. Während bestimmte Märkte heute noch in der Lage sind, durch die Nutzung einer Anlage für einen einzigen expliziten Value Stream von Flexibilität beträchtliche Einnahmen zu erzielen, ist zu erwarten, dass dies mit der Zeit an Attraktivität verliert. Um dem entgegenzuwirken, wird der Zugang zu mehreren impliziten und expliziten Value Streams mit privaten Anlagen, die derzeit ausschließlich für implizite Flexibilität genutzt werden, entscheidend sein.
Hier ein praktisches Beispiel eines Haushalts mit einer Photovoltaik(PV)-Anlage und einem Batteriespeicher: In Zeiten reichlicher Solarstromerzeugung wird überschüssige Energie in der Batterie gespeichert, um den Eigenverbrauch zu optimieren, die Stromabnahme aus dem Netz zu begrenzen und somit die Kosten zu minimieren. Gleichzeitig kann die Batterie am Netzausgleich mitwirken, indem sie bei Frequenzabweichungen für Primärregelleistung eingesetzt wird. Durch die Kombination aus Eigenverbrauchsoptimierung und der Bereitstellung von netzdienlichen Services mit derselben Anlage können Eigentümer:innen den Wert ihrer Anlagen mithilfe der bestehenden Flexibilität maximieren, ohne Kompromisse beim Komfort einzugehen.
Die Wertschöpfungskette der Flexibilität
Die Wertschöpfungskette der Energieflexibilität umfasst eine Reihe miteinander verbundener Schritte, die erfüllt werden müssen, um den vollen Wert der Flexibilität aus Haushalten zu realisieren.
- Zugang zu einem Kundenstamm, der Anlagen besitzt und zu Prosumenten wird.
- Erschließen des Flexibilitätspotenzials von Anlagen durch Grid-Edge-Technologien.
- Bereitstellung von Technologien und Dienstleistungen, die in der Lage sind, Anlagen von Prosumern in einem Portfolio zusammenzufassen (und aufzuschlüsseln) sowie Use Cases zu aggregieren, um Zugang zu mehreren Value Streams zu erhalten.
- Vorhersage der verfügbaren Flexibilität und optimale Nutzung von Value Streams – welche Anlage passt am besten zu einem bestimmten Value Stream und umgekehrt.
- Zugang zu einem Marktplatz, um die verfügbare Flexibilität zu vermarkten und Einnahmen daraus zu generieren.
Rollen auf den Energieflexibilitätsmärkten
Verschiedene Akteure sind für unterschiedliche Teile der Wertschöpfungskette der Flexibilität verantwortlich. Laut den Definitionen von USEF sind die wichtigsten Rollen für die Bereitstellung von Flexibilität aus privaten Ressourcen wie folgt:
- Bilanzkreisverantwortlicher (BKV):
Stellt das Gleichgewicht zwischen Energieverbrauch und -erzeugung in einem Bilanzkreis sicher. Jedem physikalischen Netzanschlusspunkt ist ein BKV zugeordnet; in Deutschland gibt es einige tausend BKV. - Anbieter von Ausgleichsdienstleistungen:
Erbringt Ausgleichsdienstleistungen, um das Gesamtgleichgewicht des Stromnetzes aufrechtzuerhalten, darunter die Anpassung der Erzeugungsmengen, die Aktivierung von Reservekapazitäten oder die Teilnahme an Programmen zur Nachfragesteuerung. - Aggregator:
Sammelt und bündelt Flexibilität aus verschiedenen Quellen und optimiert ihre Nutzung für die Marktteilnahme.
Die dem Aggregator zugewiesenen Aktivitäten lassen sich wie folgt unterteilen (technisch und nach Markt):
- Technischer Aggregator:
Verfügt über das technische Produkt und Wissen, das die Aggregation von Ressourcen und die Bereitstellung von Flexibilitätsdienstleistungen ermöglicht. - Markt-Aggregator:
Kann mehrere technische Aggregatoren zu einem Anlagenportfolio zusammenfassen und ihre Ressourcen als eine große flexible Ressource auf dem Markt anbieten.
Zugängliche Flexibilitätsmechanismen für Kleinanlagen
Regulatorische Unterstützung und Marktstrukturen, die die Integration der Flexibilität von Haushalten in die Strommärkte erleichtern, sind der Schlüssel zum Erfolg. Allerdings sind sie noch nicht auf allen Märkten in Europa vorhanden. Die vielversprechendsten Use Cases für die Nutzung von Flexibilität aus dezentralen Energieressourcen (DERs) auf Haushaltsebene sind:
- Services zur Netzstabilisierung – Primärregelleistung (PRL) & Sekundärregelleistung (SRL):
PRL ist der am schnellsten wirkende Netzausgleichsmechanismus, der eingesetzt wird, um plötzlichen Ungleichgewichten zwischen Stromerzeugung und -verbrauch entgegenzuwirken, und der dazu beiträgt, die Netzfrequenz bei 50 Hertz zu stabilisieren. SRL ist der sekundäre Regelreservemechanismus, der automatisch wirkt, um die Netzfrequenz nach einer Störung auf ihren Nennwert zurückzubringen. Die Flexibilität der Haushalte kann sowohl zur PRL als auch zur SRL beitragen, indem sie schnell auf Ungleichgewichte sowohl in der Nachfrage- als auch in der Erzeugungsrichtung reagiert. Länger wirkende Ausgleichsleistungen beruhen meist auf manuellen Eingriffen und erfordern größere steuerbare Anlagen, die von Netzbetreibern aktiviert werden können.
- Engpässe im Verteilnetz:
VNBs können die Flexibilitätsressourcen der Haushalte nutzen, um Engpässe im lokalen Verteilnetz zu bewältigen. Durch das Senden von Steuersignalen an private DERs können die VNBs die Belastung des lokalen Netzes in Zeiten hoher Engpässe abmildern. Eine wegweisende Regelung, die seit Anfang 2024 Anwendung findet, um die Arbeit der VNB auf diese Weise zu erleichtern, ist Paragraph 14a des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) in Deutschland. - Portfoliomanagement des Bilanzkreisverantwortlichen:
Bilanzkreisverantwortliche müssen Diskrepanzen zwischen prognostiziertem und tatsächlichem Energieverbrauch oder -erzeugung innerhalb eines Portfolios von Energieressourcen bewältigen. Die Flexibilität von privaten DERs kann dazu beitragen, das Ungleichgewicht im Portfolio eines Bilanzkreisverantwortlichen zu minimieren, indem sie genutzt wird, um das beobachtete Ungleichgewicht auszugleichen. Dies hilft nicht nur den Stromversorgern bei der Erfüllung ihrer Anforderungen an den Portfolioausgleich, sondern trägt auch zu einem widerstandsfähigeren und effizienteren Energiesystem bei. - Day-Ahead- und Intraday-Markt-Optimierung:
Die Day-Ahead- und Intraday-Markt-Optimierung für die Flexibilität von Haushalten bezieht sich auf die Nutzung von Haushaltsflexibilität an den Strommärkten. Sowohl in Day-Ahead- als auch in Intraday-Optimierungsszenarien ist eine effektive Kommunikation und Koordination zwischen den DERs und den Marktplattformen entscheidend. Ein Energiemanagementsystem (EMS) kann Haushalte in die Lage versetzen, sich aktiv an marktgesteuerten Strategien zu beteiligen.
Wie gridX das Potenzial von Flexibilität hebt
gridX legt den Fokus auf eine dreistufige Strategie, um das volle Potenzial der Energieflexibilität von Haushalten freizusetzen. Erstens, auf lokaler Ebene: Die Optimierung konzentriert sich auf lokal erzeugten Strom, der eine schnelle Reaktionszeit erfordert, wie beispielsweise für den Schutz von Sicherungen. Zweitens sollte ein EMS auch dynamische externe Signale einbeziehen, darunter dynamische Tarife (Time-of-Use-Tarife). Diese beiden Ebenen stellen implizite Flexibilitäten dar und finden bereits Anwendung. Die dritte Optimierungsebene befasst sich mit der Nutzung für explizite Flexibilitätsdienstleistungen, wie beispielsweise die Bereitstellung von Regelleistung für Übertragungsnetzbetreiber.
Ausblick
Bislang stammt die Energieflexibilität in erster Linie von großen Anlagen wie Kraftwerken und netzgekoppelten Batteriesystemen, da die bestehenden Prozesse auf größere Anlagen ausgerichtet sind – was ihnen die Teilnahme an den meisten Flexibilitätsmärkten erheblich erleichtert. Die Landschaft entwickelt sich jedoch schnell weiter. gridX erwartet, dass durch die stetig steigende Zahl kleinerer Prosumenten und DERs der Flexibilität aus diesen Quellen eine größere Bedeutung zukommen wird.
gridX hat es sich zur Aufgabe gemacht, kleinen Anlagen größere Möglichkeiten zu verleihen und eine digitale Infrastruktur als Grundlage für die künftige Energieära anzubieten, die die reibungslose Integration von privaten Energieanlagen in explizite Flexibilitätsdienste ermöglicht. Ein wirklich erfolgreiches Produkt in diesem Bereich geht jedoch über die reine Funktionalität hinaus. Um dies zu erreichen, sucht gridX gleichgesinnte Partner, die eine überzeugende Lösung für Endverbraucher:innen entwickeln wollen – um ein innovatives und nutzerfreundliches Energieerlebnis zu schaffen und damit einen entscheidenden Beitrag zum Erfolg der Energiewende zu leisten.